Wie sind die Heiligen heilig geworden? Wie werden wir heilig?
Eigentlich ist nur einer heilig: der Herr. Gott ist der einzig Heilige. Wir Menschen können als Geschöpfe nur insofern heilig werden, als wir Anteil an der Heiligkeit Gottes erlangen. Und dazu braucht es nach unserem Glauben zweierlei: Gnade und Verdienste, gute Werke.
Zur Gnade: Gott rettet uns völlig unverdient aus Sünde und Tod. Er wird von sich aus Mensch, einer von uns, trägt unsere Sünden aufs Kreuz und verwandelt durch seinen Tod und seine Auferstehung die ganze Schöpfung. Auch wir werden durch die Taufe, die Teilhabe an seinem Tod und seiner Auferstehung zur neuen Schöpfung. Zur neuen Schöpfung in Gott, und damit heilig.
So heißt es in der heutigen Lesung aus der Offenbarung: „Die Rettung kommt von unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und von dem Lamm.“ Und: „Sie haben ihre Gewänder gewaschen und im Blut des Lammes weiß gemacht.“
Gott hat uns als sein Ebenbild erschaffen, durch die Taufe werden wir seine Kinder, und in der Vollendung werden wir ihm ähnlich, wie es in der zweiten Lesung aus dem 1. Johannesbrief heißt: „Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird, denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“
Sehen heißt hier nicht ein sinnliches Sehen mit den physischen Augen, sondern ein letztes Erkennen der Wahrheit. Dass wir uns in Ihm erkennen, so wie Er sich im Vater erkennt. „Sehen, wie er ist“, heißt Nach-Hause-Kommen, in die Heiligkeit des Vaters eintreten.
Zu den Verdiensten: Ohne Gnade geht gar nichts, aber Gott hat uns auch als Mitschöpfer eingesetzt und wir sollen auch an der Erlösung mitarbeiten. Gott hat den Menschen als Partner gesucht. Er will, dass wir an allem teilhaben. Und so auch mitwirken.
Unser Mitwirken an der Schöpfung ist unser „Amen“ zum Wort Gottes, das er uns gesendet hat und sendet. Unser Mitwirken an der Vollendung ist unser „Ja“ zu seiner Einladung zum himmlischen Hochzeitsmahl.
„Wer mich liebt, der hält meine Gebote“, sagt Jesus. So ist unser Bemühen um gute Werke unsere Antwort auf die Gnade Gottes.
Und die Seligpreisungen aus dem heutigen Evangelium sind das Destillat der Bergpredigt, die Anweisungen Jesu für ein gutes Leben in hochkonzentrierter Form.
Und wenn wir uns fragen, wie wir die Seligpreisungen denn erfüllen können, wie wir die Bergpredigt leben können. Die Latte liegt ja schon sehr hoch! – Nur aus der Gnade Gottes!
Hier schließt sich der Kreis. Die guten Werke können wir auch nur mit Gottes Hilfe, mit seinem Gnadenbeistand vollbringen.
Das zeigt sich, wenn wir die Seligpreisungen einmal umgekehrt lesen. Ja, das kann man. Sie sind aufgebaut wie eine Gleichung in der Mathematik.
„Selig, die arm sind vor Gott“ – also „selig werden sein, die vor Gott arm sind“ kann ich auch lesen als „Wer selig ist, ist auch arm vor Gott.“ Oder: „Selig, die Frieden stiften“ kann auch gelesen werden als: „Wer selig ist, stiftet Frieden“.
Wer also selig, das heißt: bei Gott ist, wer Anteil an ihm hat, der wird keine Gewalt anwenden, der wird barmherzig sein u.s.w.
So zeigen die Seligpreisungen auch, dass Kontemplation und Aktion einander bedingen und ergänzen. Aus dem Sein bei Gott, aus dem Gebet, aus der Stille, kommt die Aktion, kommen die guten Werke als Frucht.
Umgekehrt führt mich die barmherzige Tat, das Tun im Sinne Gottes, zu ihm selbst, in seine Gegenwart hinein.
Das haben die Heiligen aller Zeiten getan, und das ist es auch, was wir tun sollten: Ja zu den unendlichen Gnaden Gottes sagen, die uns ganz unverdient, allein aus seiner Liebe heraus, zukommen. Ja sagen, indem wir mit unserem Bemühen um gute Werke an unseren Nächsten antworten. Und umgekehrt: unsere Entscheidung, unseren Willen zum Guten ganz in der Gnade Gottes zu begründen.
Allerseelen-Ablass
Alle Verdienste aller Heiligen aller Zeiten bilden einen unendlichen Schatz, den Gott an all seine Kinder verteilen will. Denn es ist in der überreichen Fülle Gottes genug für alle da.
Und diesen thesaurus, diesen Schatz, dürfen wir in Anspruch nehmen, für uns – und in diesen Tagen besonders für unsere lieben Verstorbenen. Der Ablass, die Tilgung der zeitlichen Sündenstrafen, greift auf diesen Schatz an Verdiensten zurück.
Nützen Sie bitte diese segensreiche Möglichkeit, den Verstorbenen zu helfen, die ja nichts mehr für sich selber tun können. Aber wir können es: Indem wir ihnen zwischen Allerheiligen und dem Oktavtag am 8. November einen Ablass zukommen lassen.
Die Bedingungen sind: eine gute Beichte (eine genügt für mehrere Ablässe), die entschiedene Abkehr von jeder Sünde, der Besuch eines Friedhofs oder einer Kirche mit Gebet von Vaterunser und Glaubensbekenntnis, der Empfang der heiligen Kommunion und das Gebet auf die Meinung des Papstes (Vaterunser und Ave Maria).
Bitte denken Sie an dieses Werk der Barmherzigkeit, das im Übrigen auch Ihre Verdienste vermehrt. So kann der Schatz der Kirche immer weiter wachsen.
Foto: Zisterzienserpriorat Neuzelle
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