11.
November

Die katholische und die evangelische Gemeinde in Neuzelle feierten gemeinsam einen ökumenischen Dankgottesdienst zum 30. Jahrestag des Falles der Berliner Mauer. Frater Aloysius Maria Zierl betonte in seiner Predigt die Dankbarkeit – besonders dafür, dass der Umbruch friedlich geschehen war, aber auch die Notwendigkeit der Versöhnung und des Verzeihens. Er mahnte auch zur Wachsamkeit gegenüber aktuellen Entwicklungen, die bestrebt sind, das Christentum erneut an den Rand zu drängen und den Wert menschlichen Lebens in Frage zu stellen.

Der Mauerfall und das Ende der kommunistischen Diktaturen in Europa seien „nicht nur ein politischer Glücksfall“ gewesen, sagte Frater Aloysius. „Der Fall des Kommunismus – und noch dazu auf unblutige Weise, ist Frucht des Gebetes! Des treuen und beharrlichen Gebets von Menschen auf der ganzen Welt! Die Demonstrationen in Leipzig und vielen anderen Städten in der damaligen DDR haben betend begonnen. Und in wie vielen Kirchen und Klöstern weltweit wurde gebetet, dass diese Trennung der gesamten Welt in Ost und West ein friedliches Ende finde, dass die trennende Wand der Feindschaft fallen möge.“ Frater Aloysius betonte in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung des heiligen Papstes Johannes Paul II. und der Botschaften von Fatima.

Die friedliche Revolution, wie man sie nennt, sei kein Menschenwerk, sondern Gottes Werk, denn Einheit könne nur Gott schenken, so Frater Aloysius. „Nicht Einheitlichkeit, wie sie über viele Jahrzehnte als Parole gerufen wurde, sondern Einheit. Aber diese Einheit ist noch nicht vollendet. Das wissen wir. Wir müssen uns heute mehr denn je mühen, die Einheit zu erhalten, ja, noch viel mehr zu stärken.“ Das gehe nicht mit politischen Parolen, sondern nur im Blick auf Jesus Christus, „denn unser Gott ist der Drei-Eine“.

Manche Menschen sehnten sich jedoch zurück in die „gute alte Zeit“, „Ostalgie“ sei weit verbreitet. Aber auch jene, die mitgearbeitet haben – ob freiwillig oder unter Zwang – würden eines Tages vor Gott stehen, sagte Frater Aloysius: „Das soll keine Drohung sein, sondern vielmehr ein Trost für die, die sich als Betrogene fühlen, die Unrecht erlitten haben.“ Doch uns Christen sei Barmherzigkeit und Vergebung aufgetragen. „Gott kann in das Leben jedes Menschen ganz plötzlich einbrechen. Auch in das Leben des Nachbarn, der als Inoffizieller Mitarbeiter für die Staatssicherheit gearbeitet hat, der spioniert hat, der Informationen weitergegeben hat, der Parteifunktionär war. Vergessen wir nicht, dass aus dem größten Christenverfolger der größte Apostel wurde. Aus Saulus wurde Paulus.“

Die sozialistischen Machthaber wollten das Kreuz nicht verstehen, „und auch heute wollen manche uns Christen wieder an die Seite drängen, wollen die Botschaft von der erlösenden Liebe am Kreuz nicht hören“, warnte Frater Aloysius. Heute wolle man Jesus Christus, will man Gott, wieder zur Privatsache erklären. „Wo aber Gott keinen Platz mehr im Leben der Menschen hat, da stellt man einen Götzen auf.“ Es gehe hier nicht um eine politische Gottesherrschaft, sondern darum, dass die Botschaft Jesu Christi in unsere Welt hineingehöre. Frater Aloysius: „Wo Gott nicht mehr ist, verliert der Mensch seinen Bezugspunkt, verliert der Mensch seine Würde, wird der Mensch als Person missachtet. Wir sind Ebenbilder Gottes – und zwar von der Empfängnis bis zum Tod, egal ob gesund oder krank, jung oder alt, vermeintlich produktiv oder auf Hilfe angewiesen. Doch gerade an diesen Eckpfeilern müssen wir erleben, dass der Mensch in Gefahr ist.“

Deswegen sei es so wichtig, für die Menschen, die uns regieren, zu beten. „Sie brauchen unser Gebet, so wie wir alle das gegenseitige Gebet brauchen. Deshalb ist es unsere Verantwortung als Christen, Zeugen zu sein für Jesus Christus. Dazu sind wir als Getaufte, Konfirmierte und Gefirmte gesandt“, betonte Frater Aloysius.

Titelild: Frater Aloysius Zierl und Pfarrer Martin Groß beim ökumenischen Gottesdienst zu 30 Jahre Fall der Berliner Mauer (Foto: Zisterzienserpriorat Neuzelle)

Frater Aloysius Zierl und Pfarrer Martin Groß beim ökumenischen Gottesdienst zu 30 Jahre Fall der Berliner Mauer

Fotos: Zisterzienserpriorat Neuzelle

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